Wie bereits erwähnt, wurden historische Quellen nach und nach freigegeben, wie z. B. in den 70er Jahren Untersuchungsergebnisse der US-Geheimdienste und in den frühen 80er Jahren private Aufzeichnungen Trumans. Und 1995, d. h. zum 50. Jahrestag der Atombombenabwürfe, vermehrte sich die Literatur zum Thema schlagartig. Durch sorgfältige wissenschaftliche Auswertung von Dokumenten und handschriftlichen Notizen wissen wir jetzt sehr viel über die Hintergründe der Atombombenabwürfe.
Darauf basierend lässt es sich versuchen, die vorhin genannten vier Beweisgründe für die Rechtfertigung der Atombombenabwürfe zu prüfen.
Zum Beweisgrund 1 „Der amerikanischen Armee blieb nichts übrig als die zwei hintereinander folgenden Atombombenabwürfe, um Kapitulation von Japan zu beschleunigen. Sonst wären eine Million US-Soldaten bei Landungsoperationen auf die japanischen Hauptinseln getötet worden.“
2006 wurden die top secret-Dokumente der Planung einer Landungsoperation vom vorhin erwähnten Nationalarchiv in Washington D.C. freigegeben. Der Plan war in zwei Teilen gegliedert, die Operation „Olympic“, welche eine Invasion von Kyushu im November 1945 vorsah, sowie die Operation „Coronet“, welche ein Vorrücken auf Honshu nahe bei Tokyo im Frühjahr 1946 beinhaltete (Bild 16). Aber alle US-Führungsoffiziere wussten, dass Japan vor der ersten geplanten Landungsoperation, also bis Ende Oktober 1945 kapitulieren würde; und zwar aus folgenden Gründen:
Obwohl Japan 100%-ig von importiertem Treibstoff abhängig war, waren die Versorgungswege wegen Seeblockade durch Verminung komplett versperrt.
Wegen der wirksamen Blockade fehlte es in Japan nicht nur am Treibstoff, sondern praktisch an allem, insbesondere an Nahrung. Das ganze Land war also fast am Verhungern.
Die Luftherrschaft war in den Händen der USA, so dass die US-Flieger in der Lage waren, alle japanischen Städte zu bombardieren. Tatsächlich waren zu diesem Zeitpunkt die gesamten japanischen Hauptindustriezweige durch ständige Luftangriffe bereits zerstört.
Die amerikanischen Militärbefehlshaber waren der Meinung, dass der Einsatz der Atombombe in dieser Situation ganz und gar unnötig sei.
So lässt sich eine Notwendigkeit der Atombomben nicht aus militärischer, sondern fast nur aus politischer Sicht erkennen. Außerdem wusste man durch die Geheimdienste, dass Japan seit 2 Monaten vor der Bombe auf Hiroshima bemüht war, die Kampfhandlungen mit Hilfe russischer Vermittlung zu beenden. Darüber hinaus geht aus den heute zur Verfügung stehenden Quellen hervor, dass es Alternativen zur Atombombe gab.
Alternativen (Bild 17)
Man hätte einen öffentlichen Atombombentest als Warnung durchführen oder die Forderung nach bedingungsloser Kapitulation in der Potsdamer Erklärung modifizieren können, mit einer Garantie für die Beibehaltung des Tennō. Die dritte Alternative wäre es gewesen, dass man die strategischen Flächenbombardierungen mit Brandbomben in Verbindung mit Seeblockade fortsetzte. Und man hätte die Schockwirkung des Angriffs der UdSSR abwarten können, denn die USA wussten, dass die Russen Mitte August Japan den Krieg erklären wurde.
Obwohl Truman und seine Berater diese Alternativen wussten, ignorierten sie sie.
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Auch angenommen, dass die Atombombe auf Hiroshima gerechtfertigt werden könnte, kann kaum jemand eine moralische Berechtigung dafür finden, dass nur 3 Tage später eine zweite Bombe auf Nagasaki abgeworfen wurde. Denn für die Absicht, den Krieg schnell zu beenden, braucht man nicht zwei Atombomben abzuwerfen, insbesondere die zwei, mit verschiedenen Rohstoffen hergestellten Bomben. Die Atombombe auf Nagasaki ist somit „bestenfalls sinnlos, schlimmstenfalls Völkermord“.
Die offizielle amerikanische Begründung, d. h. „die Atombombe solle Soldatenleben schonen und den Krieg verkürzen“, wird von der gegenwärtigen historischen Forschung als eine Scheinargumentation und nachträgliche Rechtfertigung gewertet und nicht mehr ernsthaft in Betracht gezogen.
Zum Beweisgrund 2 „Die Alliierten erteilten am 26. Juli der japanischen Regierung einen Rat, zu kapitulieren, mit der Bekanntmachung der Potsdamer Beschlüsse. Aber Japan lehnte den Rat ab.“
In der Potsdamer Erklärung war Japan von den Alliierten dazu aufgefordert, entweder bedingungslos zu kapitulieren oder eine völlige Verwüstung des Landes in Kauf zu nehmen.
Wie war die Reaktion der japanischen Führung auf die Potsdamer Erklärung?
Die japanische Regierung ignorierte die Potsdamer Erklärung. Diese japanische Reaktion erschien der alliierten Öffentlichkeit als Unbeugsamkeit.
Warum konnte sich die japanische Regierung für „bedingungslose Kapitulation“ nicht entscheiden?
Weil die Potsdamer Erklärung keinen Hinweis auf zukünftigen Status des Tennō enthielt.
Tennō
Warum ist der Tennō für Japan so wichtig?
„Tennō“ wird gewöhnlich mit „Kaiser“ gleichgesetzt. Aber das „Tennō-System“ ist fürs japanische Volk kein politisches System, denn die Rolle als Tennō bestand nicht darin, Entscheidungen zu treffen, sondern lediglich Beschlüsse seiner Regierung zu bestätigen. Als ausgewiesene „Gottheit“ stand er weit über dem schmutzigen Geschäft der menschlichen Politik. Das „Tennō-System“ ist eine über 2.600 Jahre dauernde Tradition (Bild 18), die Japan-spezifische Kultur und die einheimische Religion. Der Tennō ist nämlich der höchste Priester des Shintoismus.
Die von den USA geforderte „bedingungslose Kapitulation“ war somit nicht nur eine direkte Bedrohung des Tennō, sondern auch die Bedrohung der zentralen Grundsätze der japanischen Kultur. Wenn der Tenno damals entthront worden wäre, dann hätten auch das japanische Land und Volk aufgelöst, und Japan wäre zu einem wurzellosen Land geworden.
Japan war also zur Kapitulation bereit, solange der Tennō nicht abgesetzt werden würde. Das wussten die USA wohl. Sie dachten sogar, „Der Tennō würde bei der Aufrechterhaltung der inneren Ordnung im Nachkriegsjapan eine sehr wichtige Rolle spielen und das Chaos verhindern, aus dem Kommunisten Vorteile zu ziehen versuchen könnten.“ Deshalb war die Beibehaltung des Tennō im Entwurf der Potsdamer Erklärung zuerst angedeutet gewesen. Aber der Präsident Truman strich den Paragraph 12 mit der Garantie für den Tennō, obwohl alle anderen maßgeblich Beteiligten dagegen waren.
Warum machte er das?
Anhand der heute verfügbaren Dokumente ist es wahrscheinlich, dass Truman und sein engster Berater eine vorzeitige Kapitulation Japans gar nicht wollten, um zwei Atombomben abwerfen zu können.
Weiter zum Beweisgrund 2
Die Entwicklung nahm rasch und unausweichlich ihren Lauf.
Am 06. August: Bombardierung auf Hiroshima.
Am 09. August überschritten Einheiten der Roten Armee die mandschurische Grenze, obwohl die Sowjetunion vier Jahre zuvor einen Nichtangriffspakt mit Japan abgeschlossen hatte.
Dann ca.10 Stunden später Bombe auf Nagasaki.
Einen Tag nach der Atombombe auf Nagasaki entschloss sich der Tennō, ausnahmsweise persönlich zu intervenieren und rief zur Einstellung der Kämpfe auf. Er richtete eine Anfrage an die USA, ob die Beibehaltung des „Tennō-System“ nach dem Krieg möglich war. Die US-Regierung billigte ihm seinen Fortbestand zu, weil die USA nach dem Angriff auf Nagasaki und nach der Invasion der Sowjetunion den Krieg schnell zu Ende bringen wollten.
Die USA änderten also ihre Strategie gegenüber Japan dramatisch; und zwar von „Kapitulation verzögern“ zu „Kapitulation beschleunigen“.
Japan kapitulierte am 15. August 1945.
Heute ist es bekannt, dass die US-Kommandozentrale bereits am 25. Juli 1945 den endgültigen Befehl zum zweimaligen Atombombenabwurf erteilt hatte, das heißt, bevor Japan die Potsdamer Erklärung erhielt. Der Befehl lautete, „Bombenabwürfe nach dem 3. August möglichst schnell“. Die Potsdamer Erklärung war in Wirklichkeit ein „Vorspiel“ zum Abwurf der Bombe und nicht etwa eine ernsthafte Bemühung, Kapitulation herbeizuführen.
Zum Beweisgrund 3 „Hiroshima und Nagasaki waren berühmte Militärhafenstädte. Die Atombombenabwürfe sollten als die Maßnahmen gerechtfertigt werden, welche die japanische Kapazität zum Weiterkämpfen zerstörten.“
Die beiden Städte waren tatsächlich Militärhafenstädte. Aber durch ein Luftverminungsprogramm, das im letzten Kriegsmonat von B29-Bombern ausgeführt worden war, war das wichtige Küstenmeer abgeriegelt, damit sämtliche wichtige Häfen des japanischen Mutterlandes nicht mehr angelaufen werden konnten. Und obwohl die Industrie- und Rüstungskomplexe, die noch intakt waren, größtenteils in den peripheren Hafengebieten lagen, war das beabsichtigte Angriffsziel das Stadtzentrum, zudem in der Morgenstunde, in der das bürgerliche Leben aktiv wurde.
Die militärische Rechtfertigung trifft somit nicht zu. Außerdem, ob das Ziel eine Rüstungsfabrik oder ein Wohngebiet war, spielte keine Rolle, wenn man die enorme Zerstörungskraft der nuklearen Waffe bedachte.
Zum Beweisgrund 4 „Die Japanische kaiserliche Regierung drang seit 1931 immer wieder in China und südostasiatische Länder ein. Darüber hinaus überrumpelte sie Pearl Harbor der Vereinigten Staaten (Bild 19). Die Atombombenabwürfe waren also die gerechtfertigten Vergeltungsschläge gegen die langjährigen Verbrechen Japans. Japan hatte die Atombomben verdient.“
Der zweite Weltkrieg in Asien müsste im Zusammenhang mit der Invasion Asiens durch westliche Kolonialmächte gesehen werden.
Von den Alliierten gesehen, war es eine japanische Invasion in ihre Kolonien. In der Geschichte ist es bekanntermaßen so, dass der Sieger die Geschichte schreibt.
Von der Verliererseite gesehen ist es so:
Fast alle südostasiatischen Länder waren seit einigen hundert Jahren Kolonien von Amerika und europäischen Staaten. Die Menschen dort wurden ausgebeutet und gequält. Für die südostasiatischen Länder war die japanische, sogenannte „Invasion“ ein Anlass zur Befreiung, der nach dem Krieg tatsächlich zu ihrer Unabhängigkeit führte.
Die USA tadeln den japanischen überraschenden Angriff auf Pearl Harbor. Inwieweit das Adjektiv „überraschend“ zutrifft, ist sehr fraglich, denn es ist heute unter Historikern eine unumstößliche Theorie, dass die USA den bevorstehenden Angriff wussten und darauf vorbereiteten. In Pearl Harbor verloren die USA 5 Kriegsschiffe und 230 Flugzeuge. Und über 2.000 Soldaten wurden getötet. Das war eine Attacke auf Kriegsmaschinerie. Dürfen die USA dafür über 100.000 Wohnhäuser und die gesamte Infrastruktur der Städte zerstören und über 200.000 alte Menschen, Frauen und Kinder in grausamer Weise töten?
Hier wurde es deutlich gezeigt worden, dass die 4 angeblichen Beweisgründe die Atombombenabwürfe auf Japan nicht überzeugend erklären können.
Nun jetzt wieder zur anfänglichen Frage, „Atombombenabwürfe auf Japan – Warum?“
Viele Historiker sind sich heute darüber einig, dass es 3 wirkliche Gründe dafür gab.
Sowjetunion
Der erste wirkliche Grund war folgendes:
Der US-amerikanische Führungsstab war sich längst darüber im Klaren, dass der neue Feind nach dem Krieg die Sowjetunion sein wurde. Wie bereits erwähnt, wussten die USA, dass die Sowjets den Krieg mitführen wollten und bald in Japan eindringen wurden. Aber die USA wollten ihren Sieg nicht mit der UdSSR teilen und befürchteten neue Konflikte, was die künftige Besatzungsherrschaft in Japan anbelangte. In konkretem Sinne dachten die USA,
„Wenn nach der sowjetischen Invasion in Japan der Krieg zu Ende ginge, dann würde das von der Sowjetunion besetzte Gebiet zum sozialistischen Lager integriert. Das heißt, es entstünde ein Frontstützpunkt der Sowjets an der pazifischen Küste.“
Weil die USA also eine Intervention der Roten Armee im Pazifik strategisch unbedingt vermeiden wollten, imponierten sie den Sowjets mit der neuen Waffe.
Darüber hinaus dachte die US-Regierung, dass die Sowjetunion möglicherweise zuerst eine Atombombe bauen könnte, weil sie Berlin okkupierte und wahrscheinlich deutsche Forscher und Forschungsdaten beschlagnahm.
Die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki sollten also einen demonstrativen Zweck erfüllen, um die Position der Vereinigten Staaten gegenüber der UdSSR zu stärken (Bild 20). Das bedeutet; der Abwurf der Atombomben war nicht so sehr die letzte Kriegshandlung des zweiten Weltkriegs, sondern vielmehr die erste große Kriegshandlung im kalten diplomatischen Krieg mit der Sowjetunion.
Experiment
Nun der zweite wahre Grund:
Es gab zwei Typen der atomaren Waffe, Uran-Bombe und Plutonium-Bombe (Bild 21). Die USA wollten einen Atombombentest unter realen Bedingungen durchführen. Für ein aussagekräftiges Waffenexperiment an lebenden „Objekten“ braucht man inhomogene Menschenmasse, die in Hinblick auf Alter, Geschlecht usw. unterschiedlich sind. Um das Experiment auszuwerten, errichtete die amerikanische Besatzungsbehörde ein „Atombombenopfer-Untersuchungskomitee“, wie bereits erwähnt. Es war ein Organ, welches die Strahlenopfer nur untersuchte, beobachtete und nicht therapierte.
Die Atombombenabwürfe waren somit ein mörderisches „Experiment“ an hunderttausenden Menschen und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Jedenfalls ergab die Vergleichsuntersuchung der beiden Bomben, dass der Nagasaki-Typ in der Tauglichkeit und Produktionsleichtigkeit den Hiroshima-Typ übertrifft. Fast alle, während des kalten Kriegs gebauten nuklearen Waffen sind deshalb Plutonium-Bomben.
Finanzen
Und der dritte Grund:
Für das anfangs erwähnte geheime „Manhattan Projekt“ hatte die US-Regierung immense Steuergelder von mehr als 2 Milliarden Dollar und 130.000 Wissenschaftler sowie Techniker mobil gemacht. Die US-Regierung wollte also die Atombombenentwicklung innenpolitisch rechtfertigen.
Konzentrationslager für japanstämmige Amerikaner
Außerdem lässt sich aus den heute verfügbaren Dokumenten mit ziemlicher Sicherheit schließen, dass die Amerikaner den Pazifischen Krieg von Anfang an aus dem rassistischen Gesichtspunkt betrachteten.
Seit dem Überfall auf Pearl Harbor hielten die Amerikaner die Japaner für „Teufel“, „Yellow Monkeys“, „Barbaren“ oder „Bestien“. Damals wurde ein Befehl an alle japanstämmigen Amerikaner in den Bundesstaaten der Westküste gegeben, sich innerhalb einer Woche an Sammelpunkten zum Abtransport einzufinden. Insgesamt waren über 120.000 Menschen betroffen. Sie wurden, nach Beschlagnahme von Hab und Gut, zwangsweise in Konzentrationslager umgesiedelt (Bild 22); das war eine Maßnahme, die deutschstämmigen Amerikanern erspart blieb. Sie lebten bis zum Kriegsende, also 4 Jahre lang, in zehn Konzentrationslagern in der Wüste, umgeben von Stacheldraht und unter Bewachung durch das US-Militär.
In den 1980er Jahren kamen umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen und eine politische Debatte zum Schluss, dass die Maßnahme nicht durch militärische Notwendigkeit gerechtfertigt werden konnte und die Ursachen viel mehr „rassistische Vorurteile, kriegsbedingte Hysterie und das Versagen der politischen Führung“ waren.
Der Rassismus war zwar nicht der Auslöser für die Atombombenabwürfe auf Japan, aber es dürfte die Hemmungsschwelle dafür deutlich gesenkt haben. Um fair zu sein, muss man sagen, dass die US-Regierung 1988, als Ronald Reagan der Präsident war, sich für diese Maßnahme offiziell entschuldigte und die betroffenen Menschen dafür entschädigte.
Heute ziehen fast alle amerikanischen Historiker aus ihren Forschungen den Schluss, dass die Atombombenabwürfe nicht notwendig waren.
In Zukunft können wahrscheinlich weiterhin verschiedene Meinungen zu diesem Thema geäußert und unterschiedliche Auffassungen zugelassen werden, wenn weitere Geheimdokumente freigegeben werden und die Forschung vorangeht.
Es gibt aber eine für immer absolut gewisse Tatsache. Das ist,
„Durch die Atombomben wurden mehrere hunderttausende, unschuldige Zivilisten in grausamer Weise ermordet.“
Hierbei werden Fragen aufgeworfen:
„Warum werfen die Japaner den USA das Massaker nicht vor? Warum dürsten die Japaner nicht nach Rache?“
Die japanische Regierung hat bisher weder gegen die Atombombenabwürfe offiziell protestiert, noch versucht, die USA zu verklagen. In Büchern, Zeitungen und Zeitschriften der Nachkriegszeit finden sich fast nur Artikel über das Elend wegen der Atombomben aber kaum etwas von Groll gegen die Vereinigten Staaten.
Warum?
Drei Gründe (Bild 23)
Der eine Grund ist Natur des japanischen Volks, denn Japaner sind nicht nachtragend.
Der zweite Grund ist Zensur durch die amerikanische Besatzungsbehörde. Es wurde Zeitungs- sowie Zeitschriftenartikel, Bücher, Drehbücher, Kinofilme und sogar Privatpost kontrolliert. Von der Zensur betroffen waren nicht nur japanische Medien, sondern auch westliche Journalisten wurden an der Arbeit gehindert oder gezielt desinformiert. Dadurch wollte die Besatzungsbehörde den schlechten Ruf der USA vermeiden, dass sie mit dem Einsatz der Atombombe unmenschlich und barbarisch gehandelt hätten.
Außerdem wurde während der fast 7 Jahre gedauerten Besatzungszeit ein ˂War Guilt Information Programm˃ durchgeführt, wörtlich übersetzt, ˂Kriegsverbrechen-Propaganda-Programm˃. Das war eine Gehirnwäsche mit zwei Schwerpunkten.
Zum einen wollte die Besatzungsbehörde den Herzen der Japaner Schuldgefühl einpflanzen, so dass die Japaner wie folgt dachten,
„Was die Atombombenabwürfe anbetrifft, sind wir selber schuld daran, weil unsere Führungsschicht den Invasionskrieg durchgeführt hat.“
Zum anderen wollten die USA den Einfall von Japanern versiegeln, der Kriegsschuld der Alliierte nachzugehen.
Es muss leider gesagt werden, dass dieses Programm erfolgreich war. Zahlreiche Japaner, darunter auch Historiker sowie Journalisten glauben die amerikanische Behauptung, nämlich, wie bereits erwähnt,
„Die Atombombenabwürfe machten dem Krieg sein schnelles Ende. Dadurch wurden zahlreiche Menschenleben gerettet.“
Damals, am nächsten Tag des Atombombenabwurfs auf Nagasaki, legte Japan in Wahrheit eine Protesterklärung ein, dass die Einsätze der nuklearen Waffe ein Kriegsverbrechen waren. Aber seit dem Ende des Kriegs beobachtet die japanische Regierung immer die Miene der USA und hat, wie gesagt, bisher gegen die Atombombenabwürfe niemals protestiert. Es war und ist eine schwierige Frage, wie das Nachkriegsjapan mit dem Vermächtnis von Hiroshima und Nagasaki umgehen soll, ohne einen diplomatischen Konflikt mit der Schutzmacht USA herbeizuführen.
Gedenkgrabstein
Wenn man Hiroshima besucht, findet man den Gedenkgrabstein (Bild 24) für die Atombombenopfer. Darauf steht,
„Ruhen Sie bitte in Frieden, denn wir werden den Fehler nicht wiederholen.“
Das klingt komisch, nicht wahr? ・・・・・Wer sind „wir“?
Derjenige, der diesen Satz 1952 im Stein schnitzen ließ, wollte wahrscheinlich sagen,
„Die Atombombenabwürfe seien das Resultat der japanischen Invasion in die benachbarten Länder. Japan sei selber schuld daran.“
Die formelle Ansicht der Stadt Hiroshima ist es, dass die Gedenkgrabschrift folgendes meint,
“Alle Menschen schwören, dass sie nie mehr einen atomaren Krieg durchführen.“
Aber die Angemessenheit des Satzes auf dem Gedenkgrabstein wird immer noch heftig diskutiert.
Manga über Atombombe
Übrigens ist das Manga ˂Barfuß durch Hiroshima˃ (Bild 25) vielleicht auch in Deutschland bekannt. Der Autor dieses Mangas ist politisch linksradikal. Leser sollten wissen, dass das Manga, besonders die zweite Hälfte, ein Propagandamaterial des linken Flügels ist.
Wie beschrieben, gibt es in Japan eine Tendenz, die die Atombombenabwürfe zu akzeptieren. Unter den Historikern, welche über die Gründe für die Atombombenabwürfe debattieren, finden sich bemerkenswerterweise keine Japaner, sondern ausschließlich US-Amerikaner. Das bedeutet; In den USA wird immer noch und immer wieder überprüft, ob die atomare Bombardierung wirklich notwendig war. Und in Japan wird nur darum gebetet, dass die atomare Tragödie künftig nie mehr passiert.
Und die Frage über unsere Zukunft -------------?!
Um zu sehen, wie diese Angelegenheit künftig aussehen wird, wollen wir Schulbildung unter die Lupe nehmen, weil unsere Zukunft in den Händen von Kindern liegt.
Amerikanische Schule
Nach amerikanischer Richtlinie des Geschichtsunterrichts lernen die meisten Schulkinder in den USA so, wie die offizielle Version der US-Regierung. Insbesondere Bücher für die amerikanische Oberschule stellen die Entscheidung für die Bombe kaum in Frage und lenken nur selten von der heroischen Kriegsgeschichte ab. Einige Schulbücher von liberalen Verlegern versuchen, Kindern zu zeigen, dass es zu diesem Thema verschiedene Auffassungen gibt. Trotzdem kommen sie auf das Waffenexperiment an lebenden ˂Objekten˃ nicht zu sprechen.
Es fehlt außerdem der Gesichtspunkt, dass ein Bombenangriff auf ziviles Wohnviertel eine unverzeihliche Tat ist.
Japanische Schule
Nun, wie ist die japanische Schulbildung bezüglich dieser Angelegenheit?
Man findet in Schulbüchen nur wenige Beschreibungen, d. h. weniger als eine halbe Seite. Da sind hauptsächlich die schweren Schäden geschildert. Als Grund der atomaren Bombardierung sind Äußerungen angegeben, als ob Japan selbst schuld daran wäre. Wie es wirklich zur Entscheidung für den atomaren Angriff kam, wird nicht diskutiert. Die meisten Geschichtsbücher sind mit Schuldzuweisungen und moralischen Urteilen sehr zurückhaltend. Allerdings muss man sagen, dass es in der Zeit des kalten Kriegs nicht möglich war, in japanische Schulbücher eine andere Auffassung der Atombombenabwürfe als die Version der USA einzutragen, denn das japanische Bildungsministerium hatte Verleger dazu gezwungen, Informationen darüber nicht zu detaillieren.
Wenn die Schulbildung so ist, sieht unsere Zukunft nicht gut aus.
Was müssen wir machen?
Haager Konventionen
Wie Sie wissen, haben wir ein Gesetz, dass auch im Krieg alle militärischen Systeme einhalten müssen. Das ist das internationale Recht bzw. das Völkerrecht. Wenn man Anklage wegen eines Kriegsverbrechens erheben will, beruft man sich hauptsächlich auf die Haager Friedenskonferenzen sowie die Genfer Konventionen. Der wichtigste Grundsatz der Gesetze und Verordnungen im Krieg, der in den Haager Konventionen enthalten ist, lautet
„Man darf Nichtkombattanten, also Zivilisten nicht angreifen.“.
Zahlreiche Historiker sehen somit die Atombombenangriffe auf Japan mittlerweile als Kriegsverbrechen. Wir müssen es weltweit nachdrücklich appellieren, dass ein Gebrauch von nuklearen Waffen im Krieg wegen ihrer Wahllosigkeit und Grausamkeit ohne Zweifel Verstoß gegen das internationale Recht ist. Da die USA den Internationalen Strafgerichtshof bis heute nicht anerkennen, konnten sie bisher auch niemals für die Vergehen zur Verantwortung gezogen werden.
Appell an das japanische Volk
Die Atombombenabwürfe sind nun eine historische Tatsache, die man nicht mehr ändern kann. Wichtig ist es, dass wir umfassende Kenntnisse darüber gemeinsam besitzen und überlegen, wie wir Wiederanwendung von Kernwaffen verhindern können.
Ich möchte insbesondere meinen Landsleuten sagen,
„Wenn wir Hiroshima und Nagasaki jemals wirklich aufarbeiten wollen, müssen wir zu Wahrheit vordringen. Das heißt (Bild 26): Wir sollten immer wachsam sein und über den strategischen Entscheidungsprozess des atomaren Bombeneinsatzes gut informiert sein und, ohne Kritik zu üben, gerechte Behauptungen durchsetzen, weil die Art, wie wir, Japaner, mit den Geschehnissen in Hiroshima und Nagasaki umgehen, entscheidend für die Zukunft sein mag.“