Keramik – Kunst im Alltag

Bild 1: Saisonale Tafeln

Bild 1: Saisonale Tafeln

Im vorliegenden Aufsatz wird es geschildert, was für einen Stellenwert Keramik in der japanischen Gesellschaft hat und was Keramik für die Seele der Japaner bedeutet.

Keramik und Esskultur 

„Das Auge isst mit“. Dieser Spruch ist im Allgemeinen bekannt. In Europa wird gewöhnlich ein großer, weißer Teller mit einer farbenprächtigen Speise gefüllt. Und die leere Fläche wird häufig von Dekoration eingenommen. Das ist ähnlich wie man auf einer weißen Leinwand ein Bild malt.

„Das Auge isst mit“, sagt man auch in Japan. Dabei ist aber das Essgeschirr mindestens genau so wichtig wie die Speise selbst, weil in Japan Keramik mit Esskultur in enger Beziehung steht. Das einzelne Geschirr wird je nach dem Gericht sorgfältig ausgewählt und soll mit dem Gericht eine harmonische Einheit bilden. 

In erstklassigen, typisch japanischen Gasthäusern kann sich die Tafel des Abendessens so präsentieren wie das Bild 1. Hier sehen wir, dass für eine Mahlzeit zahlreiche, unterschiedlich geformte Essgeschirre von verschiedenen Farben und Mustern verwendet werden. Dabei ist es essentiell wichtig, dass die Gerichte und die Essgeschirre zur jeweiligen Jahreszeit gut passen. Für Japaner sind also die Essgeschirre nicht nur zweckmäßige Gefäße, sondern Kunstobjekte.

Die Frage ist, warum Japaner solche Zuneigung zu Gebrauchsgeschirren haben. Um diese Frage zu beantworten, müssen wir in die Geschichte der japanischen Keramik eingehen.  

Jōmon-Ära (ca. 12.000 – ca. 300 v. Chr.)

Die Herstellung von Tongeschirr mittels Sedimentationston begann in Japan etwa 12.000 vor Christus, d. h. in der Zeit von Sammel- und Jägerkultur. Das Tongeschirr wurde damals im Freifeuer zwischen 600 – 800 °C niedriggebrannt. Wir nennen es heute „Jōmon-Tongefäß“, wobei „Jōmon“ „Schnurmusterdekor" bedeutet. 

Yayoi-Ära (ca. 300 v. Chr. – ca. 300 n. Chr.)

In der nachfolgenden Yayoi-Ära brachten Einwanderer aus dem chinesischen Kontinent Reisbau nach Japan. Für den Reisbau braucht man viel Wasser, so dass die Einwanderer vor allem an Flussmündungen siedelten. Dort entdeckten sie einen plastischen, feinkörnigen Ton und stellten aus diesem Ton unglasierte Irdenware her. Diese Ware war glatt- und dünnwandig und wenig dekoriert. Sie erzeugte deshalb ein weiches Gefühl. Sie wird heute „Yayoi-Irdenware“ genannt, die hauptsächlich zum Lagern, Kochen und Essen verwendet wurde.   

Kofun-Ära (ca. 300 – 592) und Asuka-Ära (592 – 710)

Die folgende Ära ist „Kofun“. „Kofun“ ist ein riesiger Grabhügel der japanischen Führungsschicht von damals. Zahlreiche Kofuns entstanden vom 4. bis 7. Jahrhundert insbesondere in Westjapan. Und auf den Kofuns wurde Vielzahl von Haniwa-Figuren aufgestellt. Haniwas sind Hohlfiguren aus unglasierter Irdenware mit einer Höhe von bis zu 1,5m. Sie stellten überwiegend Menschen und Tiere dar. 

In dieser Zeit gelangten neue Techniken von der koreanischen Halbinsel nach Japan. Zuvor war der Ton im Feuer gebrannt worden, doch die neuartige Töpferware wurde bei hoher Temperatur von etwa 1200 °C im Durchzug-Brennofen gebrannt. Das auf der Drehscheibe geformte, harte, unglasierte Steinzeug wird Sue-Keramik (Bild 4) genannt. Die Sue-Keramik nahm die zunehmend komplexer werdenden Formen an und wurde zunächst nur für rituelle Zwecke gefertigt. 

Bild 2: Jōmon-Tongefäß

Bild 3: Haniwa

Bild 4: Sue-Keramik (Sueki)

Bild 5: Gefäße mit dreifarbigen Bleiglasuren

Bild 5: Gefäße mit dreifarbigen Bleiglasuren

Nara-Ära (710 – 794)

In der Nara-Ära war die heutige Stadt Nara die Hauptstadt Japans. In dieser Zeit war die erste glasierte Ware in der japanischen Keramikgeschichte in Gebrauch, nachdem japanische Töpfer koreanische und chinesische Glasurtechniken gelernt hatten. Der Nara-Artikel mit Bleiglasur trat dreifarbig auf; und zwar mit Grün, Weiß und Gelbbraun (Bild 5). Solche Dreifarbenwaren wurden jedoch nur vom Kaiserhof sowie von Adelsfamilien und Tempeln verwendet.  

Heian-Ära (794 – 1185)

Während der Heian-Zeit wurden Durchzug-Brennöfen in vielen Teilen des Landes gebaut. Bald entdeckten Töpfer, dass Holzasche im heißen Brennofen mit dem Ton reagiert und eine natürliche Glasur bildet. Das Bild 6 zeigt Ascheverkrustungen und Tropfenbildungen mit Verlaufsspuren auf einem hochgebrannten Steinzeug.  

Kamakura-Ära (1185 – 1333) und Nanbokuchō-Ära (1333 – 1392)

Ende des 12. Jahrhunderts ereignete es sich ein entscheidender politischer Wandel in Japan. Das heißt: Die Macht ging vom Kaiser auf das Kamakura-Shōgunat über. In der Kamakura-Feudalperiode wurde Japan von einer Kämpferbande regiert. Das ist also die Geburt der Samurai-Regierung. Der ästhetisch verfeinerte Adel der Heian-Zeit verlor mit dem Beginn der Samurai-Zeit ihren stilprägenden Einfluss. Die Kamakura-Periode war also eine Phase des kulturellen Niedergangs. Bei der Keramik ging damit die Nachfrage nach dekorativ glasierter Ware zurück. Außerdem brachten die verbesserten Anbaumethoden in der Landwirtschaft einen zunehmenden Bedarf an Vorratsgefäßen mit sich. Hierfür waren große unglasierte Töpfe besonders geeignet. Zur Befriedigung dieses Bedarfs änderten die meisten Öfen ihre Produktionsrichtlinien. 

【Hier muss das Wort „Öfen“ erklärt werden. Der Begriff „Ofen“ bedeutet im japanischen Sprachgebrauch sowohl einen Brennofen als auch ein Keramik-Zentrum mit zahlreichen Brennöfen. Zum Beispiel: Der Seto-Ofen bzw. Shigaraki-Ofen bedeutet das Keramik-Zentrum in Seto bzw. Shigaraki. 】

Bis zum 14. Jahrhundert kamen zusätzlich viele neue Öfen hinzu, in denen Vorratsgefäße, Mörser und einfache Ess-Schalen aus unglasiertem Steinzeug hergestellt wurden. Im Laufe der Zeit zeigte aber einzelner Ofen eine lokale Differenzierung. In Seto wurde ein neues Zentrum zur Herstellung glasierter Keramik gegründet. In Shigaraki wurde mit Asche glasierte Steinzeug-Keramik produziert.  

Muromachi-Ära (1392 – 1491) und Sengoku-Ära (1491 – 1573)

Während der nächsten Muromachi-Zeit fand durch harte Konkurrenz eine Art „Auslese der Öfen“ statt. Die bekanntesten Keramikzentren dieser Ära sind Echizen, Seto, Tokoname, Shigaraki, Tanba und Bizen. Für diese 6 Öfen wurde später, um 1950, der Begriff „Sechs Alte Öfen“ geprägt. Die Sechs Alten Öfen sind bis heute noch in Betrieb. 

Das Bild 7 zeigt eine glasierte Schüssel aus dem Seto-Ofen und einen Topf bzw. eine Vase aus dem Shigaraki-Ofen. Die Asche ist geschmolzen und zeigt mehrere Verlaufsspuren.

Keramiken aus den übrigen 5 Öfen sind im Bild 8 zu sehen. Bizen ist dadurch bekannt, dass dort ein stark eisenhaltiger Ton verwendet wird und die Ware nicht glasiert wird. Die ziegelrote Farbe wurde mittels mit Salzwasser getränkten Reis-Strohs erzeugt. 

Bild 6: Steinzeug mit Ascheglasur

Bild 7: Schüssel aus Seto-Ofen sowie Topf bzw. Vase aus Shigaraki-Ofen

Bild 8: Gefäße aus übrigen 5 Öfen

Bild 9: Teetrinken

Bild 9: Teetrinken

Azuchi-Momoyama-Ära (1573 – 1603)

Obwohl die Azuchi-Momoyama-Zeit nur 30 Jahre dauerte, war sie eine Zeit des Wandels für die japanische Töpferei. Dabei spielte Teezeremonie eine entscheidende Rolle. Man kann mit Sicherheit sagen, dass ohne die Teezeremonie die Entwicklung der japanischen Keramik nicht weitergegangen wäre. Sie wäre wahrscheinlich am Niveau der Vorratsbehälter und einfachen Gebrauchswaren geblieben. Dank der Teezeremonie gab es den Sonderweg der Teekeramik. Mit der Teezeremonie entstand außerdem eine Ästhetik, die auch heutige Japaner besitzen. 

Bevor ich versuche zu erklären, was die neu entstandene Ästhetik ist, wollen wir die Geschichte des Teetrinkens einmal betrachten.  

Geschichte des Teetrinkens

Grüner Tee scheint im 8. Jahrhundert aus China nach Japan gebracht worden zu sein, weil das Teetrinken häufig in der Literatur und Gedichten im 9. Jahrhundert erwähnt wird. Aber ab dem 10. Jahrhundert verschwand das Interesse von Japanern an Tee langsam, weil der regelmäßige rege Austausch zwischen Japan und China zurückging. 

Ende des 12. Jahrhunderts brachte ein Mönch eine neue Methode der Teeproduktion und Anwendung aus China bei seiner Rückkehr nach Japan. Nach der neuen Methode wurde pulverisierter Tee mit heißem Wasser aufgeschäumt, wie bei der heutigen Teezeremonie. Der Tee wurde aber während mehr als 100 Jahren nur in buddhistischen Klöstern als ein Medikament getrunken. Erst ab Mitte des 14. Jahrhunderts, d. h. in der Muromachi-Zeit, kam es zur Ausbreitung des Teetrinkens von Klöstern über Samurai-Schicht und zum Volk, und zwar nicht als Medikament, sondern als Genussmittel. 

Übrigens ist diese Muromachi-Zeit sehr wichtig für japanische Kultur allgemein, denn in dieser Periode sind heute als typisch japanisch geltende Kulturen entstanden, wie Ikebana, No-Theater, Gartengestaltung, Architektur, Lebensstil mit Tatami-Matte und Papierschiebetür und natürlich auch Teezeremonie. 

Die Teezeremonie dieser Zeit war jedoch anders als die von heute. Bei der Teezeremonie trafen sich nämlich große Gesellschaften in prächtig ausgestatteten Räumen, und kostbare chinesische Teeutensilien wurden verwendet. Dabei war kein Wert auf die Seele gelegt. 

Im 15.-16. Jahrhundert zeigte die Kultur des Teetrinkens eine bahnbrechende Entwicklung. Sie wurde zu mehr Einfachheit und schlichter Schönheit hin verändert. D. h.: Der Teeraum wurde verkleinert, Gerätschaften und Schmuck auf das unbedingt Notwendige beschränkt. Und was ganz wichtig ist, dass eine spirituelle Tee-Welt geschaffen wurde. Der neue Stil der Teezeremonie (Bild 9), der Wabi-Cha genannt wird, wurde von Sen-no-Rikyū vollendet. Hier entstand also die charakteristische japanische Ästhetik, die üblicherweise mit dem Wort „Wabi-Sabi“ ausgedrückt wird. Und diese Japan-spezifische Ästhetik ist noch bis heute tief im Herzen der Japaner verwurzelt. 

Nun, was heißt „Wabi-Sabi“ eigentlich?  

Wabi-Sabi (Bild 10)

Das Substantiv „Wabi“ stammt aus dem Verb „wabu“. Und „wabu“ bedeutet „entmutigt sein“, „Schlimmes erleben“ bzw. „heruntergekommen“. „Wabi“ heißt also „Bitternis wegen eines unerfüllten Wunsches“. Das Substantiv „Sabi“ wird aus dem Verb „sabu“ abgeleitet. Und „sabu“ bedeutet „altertümlich sein“ oder „sich entfärben“. „Sabi“ ist somit ein „Zustand, in dem die Vitalität langsam vermindert wird“.

Wie Sie schon gemerkt haben, drücken all diese Worte negative Gefühle aus. Es ist schwierig oder gar unmöglich, die Frage zu beantworten, warum Japaner für „Wabi-Sabi“ Schönheit empfinden. Möglicherweise können unsere Religionen, Shintoismus und Buddhismus dahinterstecken. Oder die strenge Natur mit Erdbeben und Taifun mag unser Gemüt beeinflussen. Ich kann nur sagen, dass diese „Wabi-Sabi“-Gefühle auch für die damaligen Japaner nicht ganz neu waren, denn die zumindest ähnlichen Gefühle, wie innere Stille, Schlichtheit und schöne Einfachheit, waren bereits seit dem 8. Jahrhundert in der Literatur eingefangen gewesen.  

Nun, was bedeutet “Wabi-Cha” für die Keramik?

Mit der Entwicklung der „Wabi-Sabi“-Ästhetik gab es einen Wertewandel der Teeutensilien; und zwar von der perfekten chinesischen Keramik zum unglasierten, unregelmäßigen Gefäß mit den Spuren der Herstellung, oder aber auch zur unregelmäßig und eher dunkelfarbig glasierten, verformten Teeschale.

Man kann also sagen, dass der Einfluss des „Wabi-Cha“ revolutionär war und die bisherige, nach China orientierte Ästhetik komplett umwarf. 

Teeutensilien für „Wabi-Cha“

Das Bild 11 zeigt Beispiele von Teeutensilien für „Wabi-Cha“. Die Teedosen sehen schlicht aus, obwohl die linke einen Deckel aus Elfenbein hat. Die rechte Teedose weist ein durch Holzasche zufällig entstandenes Muster auf. 

Darüber hinaus sehen wir zwei Gefäße für kaltes Wasser auf dem Bild 11. Die vorderen Seiten dieser Bizen-Gefäße sind unregelmäßig verzogen, und dadurch ist eine Monotonie vermieden.   

Die Vase mit „Ohren“ (Bild 12 links) ist typisch für den Iga-Ofen. Sie erscheint etwas grob, zeigt aber trotz Verformung ein gut balanciertes Gesamtbild. Die Holzasche schlug sich beim Brennen an der Oberfläche nieder und schmolz glasig. Diese glasartige natürliche Glasur ist besonders reizvoll bei Iga-Keramik. Das fleckförmige Muster der Bizen-Vase (Bild 12 rechts) beruht auf Aschenanflug und erreichter unterschiedlicher Oberflächentemperatur.    

Bild 10: Wabi-Sabi

Bild 11: Teedosen & Gefäße für kaltes Wasser

Bild 12: Vasen

Bild 13: Teeschalen von Kiseto und Hagi

Bild 13: Teeschalen von Kiseto und Hagi

Keramiken aus weiteren Öfen

Die Bilder 13 und 14 zeigen Teeschalen, die in verschiedenen Öfen gebrannt wurden. Sie sind die Erzeugnisse natürlicher Materialien, nämlich Erde, Feuer und Asche. 

Die Teeschalen links im Bild 13 sind gelblich glasiert und mit Flecken von dunkelgrüner Glasur. Das ist ein charakteristisches Merkmal für Kiseto. Die Teeschalen aus dem Hagi-Ofen (Bild 13 rechts) sind hochgeschätzt. Charakteristisch sind der weiche Farbton der weißen Glasur und der Einschnitt im Absatz.  

Shino (Bild 14 links) zeigt je nach verwendeten Techniken verschiedene individuelle Gesichter. Über Bizen-Keramik (Bild 14 rechts) wurde bereits geschildert. 

Raku-Keramik

Auf dem Bild 15 sind Raku-Teeschalen zu sehen. Weil Raku-Keramik in Europa sehr populär ist, wird es hier etwas ausführlich darüber berichtet. 

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts beauftragte der Tee-Meister, Sen-no-Rikyu, einen Dachziegelmacher namens Chōjirō damit, in Kyoto eine Töpferei zu gründen und für ihn Teeschalen herzustellen. Daraufhin formte Chōjirō Teeschalen mit den Händen und einem Spatel, ohne Töpferscheibe zu benutzen, und brannte sie mit seiner neu entwickelten Brenntechnik. Die Teeschalen waren charakteristisch durch ihre verzogene dickwandige Form, die dem Geschmack von Sen-no-Rikyu genau entsprach. Die Familie von Chōjirō nannte sich Raku Kichizaemon als Künstlername und wurde Töpferdynastie. Die keramischen Modellier- sowie Brenntechniken wurden nur innerhalb der Familie von Generation zu Generation weitergegeben. Familie Raku stellte und stellt fast ausschließlich Teeschalen her. Raku-Keramiken sind somit, im engeren Sinn ausgelegt, nur die von der Familie Raku produzierten Teeschalen. Und im weiteren Sinne versteht man heute unter Raku die von Chōjirō entwickelte Technik und die damit hergestellten Keramiken.

Wir gehen jetzt zur Teezeremonie zurück.  

Furuta-Oribe

Der Nachfolger von Sen-no-Rikyu heißt Furuta-Oribe. Er hatte einen anderen Geschmack als Sen-no-Rikyu und klammerte sich deshalb nicht am „Wabi-Cha“ fest. Der von Furuta-Oribe vollendete Stil der Teezeremonie heißt „Daimyo-Cha“, d. h. Tee der Landesfürsten. Furuta-Oribe hatte eine Vorliebe für deutlich verformte Teeschalen mit auffälligen Mustern (Bild 16). Durch solche Verformungen verlieh er seinen Tonwaren Bewegung und Dynamik. 

Nun, zur Teezeremonie gehört „Cha-Kaiseki“, d. h. „Kaiseki-Mahlzeit”. Das ist ein rituelles Essen, dessen Regeln auch kompliziert sind wie das Teetrinken. 

Furuta-Oribe ließ für die „Kaiseki-Mahlzeit“ exotische Essgeschirre herstellen (Bild 17). Die Formen waren für die damalige Zeit, also Ende des 16. Jahrhunderts, sensationell.  Furuta-Oribe behauptete in der Farbe und Form seiner Ware seine heftige Individualität. 

Seine Keramik wird heute als „Oribe-Ware“ bezeichnet. Und das immer wieder verwendete Grün wird „Oribe-Grün“ genannt. 

Interessanterweise wurden damals diese „Oribe-Waren“ aus unbekannten Gründen nur 30 Jahre lang produziert und verschwanden plötzlich. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dabei viel Politik im Spiel war, denn Oribe wurde mit seinem Sohn zusammen vom damaligen Shogun Tokugawa zum Tode verurteilt und beging „Harakiri“. 

Außerdem war sein Vorgänger Sen-no-Rikyu vom damaligen Machthaber Toyotomi auch dazu gezwungen worden, „Harakiri“ zu begehen. 

Diese historischen Tatsachen überraschen uns sehr, denn sie passt zum Bild der Teezeremonie überhaupt nicht. 

Bild 14: Teeschalen von Shino und Bizen

Bild 15: Raku-Teeschalen

Bild 16: Oribe-Teeschalen

Bild 17: Oribe-Geschirre

Bild 18: Teezeremonie heute

Bild 18: Teezeremonie heute

Teezeremonie heute (Bild 18)

Die Teezeremonie wurde eigentlich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts richtig populär. Heute wird sie überwiegend von Frauen praktiziert. Man kann auch zu Hause Tee genießen.  

Teezeremonie damals

Aber bis Anfang des 17. Jahrhunderts, insbesondere in der Zeit, wo Landesfürsten überall in Japan um ihre Macht kämpften, war die Teezeremonie eine sozusagen „Männersache“ und stand mit Politik in enger Verbindung. Im kleinen schlichten Teehaus wurden Machenschaften geplant oder kam es zu politischen Entscheidungen (Bild 19). Außerdem waren hochwertige Teeutensilien geschätzte Geschenke zwischen hochrangigen Samurais. 

Nun, zurück zum Thema. 

Insgesamt kann man für diese großartige Epoche der Teekeramik folgendes sagen: 

Die Teeutensilien von „Wabi-Cha“ und die Teeschalen sowie Kaiseki-Essgeschirre von Oribe veränderten die bisherigen japanischen Gefäße von Grund aus und hinterließen einen enormen Einfluss auf die Nachwelt. 

„Keramik-Feldzüge“ und die Folgen 

Kurz vor Beginn der Edo-Zeit, d. h. 1592 und -97, wurden zwei Militärfeldzüge zur Eroberung Koreas unternommen. Zwar scheiterten diese Feldzüge, aber sie waren für die Entwicklung der japanischen Keramik von großer Bedeutung. Sie werden deshalb „Keramik-Feldzüge“ genannt. 

Was ist damals passiert?

Beim Rückzug wurden Hunderte koreanischer Töpfer, meist als Kriegsgefangene, nach Japan verbracht. Mit ihrer Ansiedlung in den Domänen der Fürsten in Kyushu und in westlichem Honshu kamen neue Technologien, wie zum Beispiel Fußdrehescheibe, neue Glasur- und Dekorationsmethoden oder Mehrkammerhangofen. Diese neuen Technologien fanden in ganz Japan eine schnelle Verbreiterung. 

Edo-Ära (1603 – 1868)

Nach Beendigung der Machtkämpfe wurde durch das Tokugawa-Shōgunat der Feudalismus gegründet, und es begann die lange friedliche Edo-Zeit von 265 Jahren. In der Edo-Zeit begann die Herstellung von Keramikwaren zu blühen, weil jeder Landesfürst die Töpferei als eine neue Industrie in Schutz nahm und sie förderte. 

Zum Beispiel entstand Anfang der Edo-Zeit in Kyōto Kyō-Yaki (Bild 20). Kyō-Yaki ist ein aufglasur-dekoriertes Steinzeug mit feinen prächtigen Malereien wie für Kimono. Kyō-Yaki entsprach somit den Anforderungen der Aristokratie an eine prunkvoll ausgestaltete Teezeremonie. Und Kyō-Yaki entsprach auch dem Bedarf der urbanen Eliten an hochwertigen Gebrauchsgeschirren. Die urbanen Eliten sind in diesem Fall Hofadlige, buddhistische Mönche, Fürsten und Großkaufmann. 

Porzellan und Kakiemon 

Auch Anfang der Edo-Zeit wurde in Arita auf der Insel Kyushu das erste Porzellan gebrannt, nachdem dort geeignete Rohstoffe gefunden worden waren. Mitte des 17. Jahrhunderts entwickelte ein Handwerker, Kakiemon, die Technik der Aufglasurmalerei für Porzellan (Bild 21). Solche bemalte Porzellan-Ware in Arita wurde über den benachbarten Hafen Imari ins übrige Japan, nach Südostasien und auch nach Europa exportiert. Folglich wurde die Herstellung des hochgeschätzten Porzellans in ganz Japan angeregt. Porzellan war und ist deshalb hochgeschätzt, weil es auf der glänzend-weißen Oberfläche einen schönen delikaten Dekor zeigt. Außerdem ist Porzellan hart und dünn, so dass es auch funktionell einwandfrei ist. Im Gegensatz zur Porzellan-Ware wurden die Alltagswaren aus Steinzeug im Laufe der Edo-Zeit an Produktion immer weniger.

Bild 19: Teezeremonie damals

Bild 20: Kyō-Yaki

Bild 21: Kakiemon-Imari-Stil

Bild 22: Arita-, Kutani- sowie Satsuma-Waren

Bild 22: Arita-, Kutani- sowie Satsuma-Waren

Meiji-Ära (1868 – 1912)

Die Wiedereinsetzung des Tennō (Kaisers) wurde im Jahr 1868 nach einem Bürgerkrieg gefestigt, was als Meiji-Restauration bezeichnet wird. Nach der Meiji-Restauration folgten wirtschaftliche und soziale Reformen. 1871 kam das Ende des Feudalsystems mit dem sog. Haihan-Chiken, d. h. die vom Shōgunat als Lehen vergebenen Domänen wurden abgeschafft und durch das heute gültige System der Präfekturen ersetzt. Sitz des Tennō und neue Hauptstadt wurde Tokyo, das frühere Edo. 

Von traditioneller Keramik zu Porzellan 

Die Reformen brachten den Töpfern Probleme, denn durch die Abschaffung des Feudalsystems verloren die Töpfer der vielen Fürstenöfen ihre Existenzgrundlage. Hinzu kam die Industrialisierung. Die japanische Regierung lud europäische und amerikanische Techniker ein und baute mit ihrer Unterstützung Keramikfabriken nach westlichem Muster auf. So kam schon Anfang der Meiji-Zeit der deutsche Chemiker, Gottfried Wagner (1831-1892) nach Japan, der zunächst beim Bau einer Fabrik in Nagasaki und später in Arita westliche Fertigungsmethoden einführte. Porzellan wurde daraufhin zu einem Massenprodukt. Viele der regionalen Traditionsöfen, die über viele Töpfergenerationen bestanden hatten, wurden durch Fabriken verdrängt. Nach den ersten Erfolgen japanischer Keramik auf den Weltausstellungen in Paris, San Francisco und in Wien förderte die Meiji-Regierung traditionelle Porzellane für den Export. Unter anderen wurden Arita-, Kutani- sowie Satsuma-Waren exportiert (Bild 22). 

Viele Porzellan-Hersteller profitierten von dem Exportboom. In vielen Fällen verlor aber diese sog. Exportware ihre ursprüngliche Schlichtheit. Es entstanden übermäßig dekorierte Objekte mit westlichen und chinesischen Stilmerkmalen. Im Westen wurde durch die Berührung mit der japanischen Auffassung von Form und Dekor der Japonismus, also die Vorstufe des Jugendstils, ausgelöst. 

Taishō-Ära (1912 – 1926)  

Wir haben gesehen, dass in der Meiji-Zeit die traditionelle Handwerk-Keramik Japans einen Niedergang erlitt; und zwar als Folge der Auflösung des Feudalsystems und der Industrialisierung. 

„Volkskunst-Bewegung“

In der Taishō-Zeit entstand nun eine neue Strömung. Sie führte langfristig zu einem Wiederaufblühen der traditionellen japanischen Keramik. Diese Strömung wurde „Volkskunst-Bewegung“ genannt, die vom Philosophen, Yanagi, ins Leben gerufen wurde. Yanagi war tief beeindruckt von der Schönheit des lokalen Kunsthandwerks einschließlich der Keramik. Das Ziel der Volkskunst-Bewegung war es, die Folkskunsttradition zu erfassen und zu erforschen, Folkskunst-Objekte zu sammeln und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Und es war auch das Ziel, die Herstellung und Verkauf authentischer Volkskunst-Produkte zu fördern. Diese Bewegung ermutigte die Kunsthandwerker zu einem Neuanfang. Der englische Töpfer, Bernard Leach (1887-1979) schloss Yanagi während seines 11-jährigen Japanaufenthaltes an und wird heute zu einem der geistigen Väter der Volkskunst-Bewegung gezählt. Der Teller links im Bild 23 ist von Bernard Leach. Die Volkskunst-Bewegung hatte in Japan bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts positive Auswirkungen. Die Vielfalt lokaltypischer Keramiken wurde erhalten. Daneben brachte die Wiederbelebung traditioneller Techniken eine deutliche Qualitätsverbesserung mit sich. Und die handgefertigten Objekte mit ihrer einfachen Schönheit weckten in der Bevölkerung das Interesse an der Keramik. 

Shōwa-Ära (1926 – 1989)  

Darüber hinaus entstand Anfang der Shōwa-Zeit eine Tendenz unter den Töpfern, klassische Keramik wiederzubeleben. Es gab dafür zwei Gründe. 

  1. Seit der zweiten Hälfte der Meiji-Zeit, das heißt, seit gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die Teezeremonie wieder die große Mode. 
  1. Wegen der wirtschaftlichen Rezession nach dem ersten Weltkrieg wurden zahlreiche hochwertige antike Keramiken und Porzellane von ruinierten guten alten Familien auf den Markt gebracht, so dass die Normalbevölkerung Chance bekam, sie zu sehen. 

Außerdem wurde seit Anfang der Shōwa-Zeit die Ausgrabung von traditionellen Öfen überall in Japan eifrig unternommen. Es fand wissenschaftliche Vorträge und Ausstellungen statt. Dadurch wurde die Faszination der klassischen Keramik unter Wissenschaftlern, Keramik-Liebhabern und auch unter Töpfern ausgebreitet. Viele Töpfer, die insbesondere von der Teekeramik aus der Momoyama-Zeit des 16. Jahrhunderts fasziniert waren, nahmen die alten Techniken auf und entwickelten sie weiter. 

Tōkurō

Tōkurō ist einer von ihnen und der berühmteste unter ihnen. Über Tōkurō gibt es einen Mythos, der inzwischen von seinem Sohn bestätigt wurde. Nämlich, Tōkurō brannte viele Hunderte seiner Werke in seinem großen Ofen auf einmal, wählte einige geglückte Meisterwerke aus und zerbrach alles andere. Er produzierte überwiegend Shino und Kiseto, die nahezu ausgestorben gewesen waren (Bild 24). Tōkurō und die anderen Töpfer machten die Wiederbelebung der klassischen Keramik zum Anhalt ihrer neuen Kreativität. 

Rosanjin 

Ich möchte noch einen Töpfer aus der Shōwa-Zeit nennen. Er heißt Rosanjin und war ein außergewöhnlicher Feinschmecker und Koch. Er eröffnete ein exklusives Feinschmecker-Restaurant in Tokyo und beschäftigte sich sehr intensiv mit harmonischer Verschmelzung von Essgeschirr und Gericht zu einem Ganzen. Zuerst kaufte er antike, teure Essgeschirre für sein Restaurant. Aber um die Betriebskosten zu reduzieren, begann er, die Geschirre selbst zu produzieren. Er scheint auch als Töpfer begabt gewesen zu sein. Ein Teil seiner massenhaften Tonwaren ist nämlich künstlerisch hochwertig. Einige davon können wir im Bild 25 sehen. Seine Werke sind vielfältig und originell. 

Nach dem 2. Weltkrieg kam die Förderung durch den Staat, die Präfekturen und auch durch die Städte. Sie gab ab Mitte des 20. Jahrhunderts kräftige Impulse. Außerdem führte in den 70ger-Jahren die erstarkende Kaufkraft der Bevölkerung zu einem Boom in der Keramik. 

Bild 23: Keramiken der „Volkskunst-Bewegung“

Bild 24: Werke von Tōkurō

Bild 25: Werke von Rosanjin

Bild 26: Keramiken in der Heisei-Ära (1989 – 2019)

Bild 26: Keramiken in der Heisei-Ära (1989 – 2019)

Heisei-Ära (1989 – 2019)

In den letzten Jahrzehnten gewannen neben der traditionellen Keramik auch avantgardistische Objekte Beliebtheit (Bild 26). Die Künstler wurden von europäischem und/oder amerikanischem Stil beeinflusst. Bemerkenswert ist, dass immer mehr Frauen im Gebiet der Keramik aktiv wurden. 

Japanische Ästhetik

Wie wir gesehen haben, haben Japaner in der Vergangenheit verschiedenste Typen und Muster der Keramik gehabt. Aus dieser Tatsache kann man sich vielleicht vorstellen, warum die Japaner heute zwei Arten von Ästhetik besitzen. D. h.: Japaner finden es schön, was Sie, Europäer, auch schön finden. Außerdem haben wir „Wabi-Sabi-Ästhetik“ (Bild 27). Auf dieser Ästhetik basiert loben Japaner Kunstwerke häufig mit dem Ausdruck „Shibui“. Das Wort „Shibui“ bedeutet eine Wahrnehmung, die sich aus „dezent“, „schlicht“, „geschmackvoll“ und „elegant“ zusammensetzt. Es ist interessant, zu beobachten, dass Kinder und Jugendliche diese „Wabi-Sabi-Ästhetik“ noch nicht besitzen. Es scheint mir so zu sein, dass man ziemlich lange in der japanischen Kultur leben und erwachsen genug sein muss, um für „Wabi-Sabi“ Schönheit zu empfinden. Außerdem genießen Japaner keramische Geschirre nicht nur optisch, sondern auch mit dem Tastsinn. 

Das muss ich erklären.  

Berührung mit Geschirr 

In Europa wird der Teller beim Essen niemals vom Esstisch aufgehoben. Und die Kaffee- sowie Teetasse wird am Henkel gehalten. In Japan werden verschiedene Sake-Becher und Sake-Flaschen am Körper angefasst. Teebecher wird auch am Körper gehalten. Reisschale wird vom Tisch aufgehoben (Bild 28 links und Mitte).

Noch deutlicher ist es bei der Teezeremonie. Teeschale wird mit der ganzen Handfläche berührt (Bild 28 rechts). Wir, Japaner, beurteilen deshalb Tonwaren nicht nur nach ihrem Aussehen, wie Größe, Form, Farbe und Muster, sondern auch nach ihrem Gewicht und Beschaffenheit der Oberfläche, denn sie müssen in der Hand bequem liegen und sich an der Hand und den Lippen angenehm anfühlen. Wenn man in solcher Weise ein Essgeschirr für sich erwirbt, man könnte fast sagen, verliebt man sich in das Essgeschirr. Außerdem hat jedes Familienmitglied in Japan eigene Stäbchen, Teebecher, Suppen- sowie Reisschale. Meistens hat der Vater die längsten Stäbchen und größten Schalen. Die von der Mutter sind etwas kleiner, und die Geschirre der Kinder sind noch etwas kleiner. 

Meoto-Jawan 

Das Bild 29 zeigt “Meoto-Jawan”, d. h. Teebecher und Reisschalen für Ehepaar. Sie sind in Japan als Geschenkartikel sehr beliebt. Die größeren sind für den Ehemann, die kleineren für die Ehefrau. Die Aktivisten der Frauenbewegung könnten sich darüber aufregen. Aber dieser Größenunterschied hat mit einer Höherstellung der Männer über die Frauen nichts zu tun. Japanische Frauen verwenden etwas kleinere Alltagsgeschirre, weil sie im Allgemeinen kleinere Hände haben als Männer. 

Bild 27: Japanische Ästhetik

Bild 28: Berührung mit Geschirr

Bild 29: Meoto-Jawan

Bild 30: Dorf Onta und Onta-Waren

Bild 30: Dorf Onta und Onta-Waren

Nun, wollen wir einige Keramik-Zentren in der Gegenwart betrachten.

Heute sind durch Ausgrabung etwa 70 solcher mittelalterlichen Zentren bekannt. Das eine von ihnen ist Onta. Dieses Zentrum der Töpferei ist ein abgelegenes Bergdorf, das auf der Insel Kyushu liegt.  

Onta-Öfen

Fertigungsmethoden für Gebrauchsgeschirr wurden im Onta-Ofen (Bild 30) über 300 Jahre nahezu unverändert von Generation zu Generation weitergegeben. Nur Mitglieder der drei alten Familien dürfen die heutigen zehn Werkstätten betreiben. Die Ware dieses Dorfs war eigentlich in der Öffentlichkeit unbekannt gewesen und nur in der Umgebung verkauft worden. Dies änderte sich erst mit der bereits erwähnten „Volkskunst-Bewegung“. Die allgemeine wirtschaftliche Erholung in den 60-ger Jahren, die verbesserten Vertriebswegen und der zunehmende Tourismus ließen die Keramik-Herstellung zu einer stabilen Einnahmequelle werden. Die zehn Familien, die bisher die Töpferei neben der Landwirtschaft betrieben hatten, konnten sich dann ab 1960 ganz auf die Produktion der Volkskunst-Ware umstellen. Der Ton aus diesem Gebiet wird als Onta-Ton bezeichnet und ist eisenhaltig. Wegen der begrenzten Ton-Menge können in jeder Werkstatt nur zwei Personen drehen, meist Vater und Sohn. Die limitierte Produktion bringt es heute mit sich, dass die Ware großenteils direkt nach jedem Brand von Händlern aufgekauft wird. Dieses Bergdorf ist schwer zugänglich. Dennoch lohnt sich der Besuch in dem mittelalterlich anmutenden Zehn-Familien-Dorf.Tatsächlich besuchen Touristen dieses Keramikdorf zwar nicht massenhaft, aber ständig. Wegen der rein traditionellen Fertigung (Bild 31) wurde Onta 1970 vom Staat in die Liste der Immateriellen Kulturgüter aufgenommen. 

Iga-Öfen

Nicht weit von Osaka liegt ein Keramik-Zentrum. Der Ort heißt Iga. Hier kann man einen der größten Mehrkammerhangöfen (Bild 32) in Japan sehen. Am unteren Teil des Ofens wird Feuer gemacht, wobei meistens Kiefernholz mehrere Tage lang verbrannt wird. Die extrem heiße Luft zieht durch die Kammer nach oben durch.  

Das Keramik-Zentrum Iga ist deutlich größer als Onta, und es gibt öffentlich geführte Einrichtungen, in denen hier hergestellte Waren von verschiedenen Töpfern zum Verkauf ausgestellt sind (Bild 33). An Iga-Waren genießt man Schönheit, die von Ton, Feuer und Ascheglasur geschaffen wird. Das ist die Schönheit des „Wabi-Sabi“. 

Bild 31: Wassergetriebener Tonstampfer

Bild 32: Mehrkammerhangofen

Bild 33: Iga-Waren

Bild 34: Einzelproduktion mit Seltenheitswert von Arita

Bild 34: Einzelproduktion mit Seltenheitswert von Arita

Arita-Öfen

Wir haben vorhin gesehen, dass das Porzellan-Zentrum Arita in der Meiji-Ära, d. h. gegen Ende des 19. Jahrhunderts einen großen wirtschaftlichen Stellenwert hatte, insbesondere als Standort der Exportindustrie. Heute sind die Porzellane aus Arita keine Exportwaren mehr.

In Arita bestehen Einzelproduktion von Unika mit Seltenheitswert (Bild 34) und maschinelle Massenproduktion von Alltagsgeschirren (Bild 35) nebeneinander. Das heißt, in Arita ko-existieren heute das traditionelle Kunstgewerbe und die Rationalisierung der Keramik-Industrie. Arita ist also immer noch das Zentrum der Porzellanindustrie, und die Gebrauchsgeschirre aus Arita werden im ganzen Land verkauft, denn wir verwenden zuhause fast ausschließlich Porzellanwaren. Die Porzellane sind für den täglichen Gebrauch sehr vorteilhaft im Vergleich mit keramischen Waren, weil sie hart, dünn, pflegeleicht und deshalb leicht zum Handhaben sind.   

Shigaraki-Öfen

Im Gegensatz zu Arita werden im Shigaraki-Ofen Ton- und Steinzeug-Waren hergestellt, wie in den meisten alten Töpferei-Zentren.

Wie das Bild 36 zeigt, werden in Shigaraki unter anderen Vasen, Schmuckgegenstände, Teeutensilien sowie Essgeschirre hergestellt. Viele von Ihnen sind nicht Alltagswaren, sondern etwas Besondere, die fast immer von Liebhabern gezielt gekauft werden. Insbesondere sind Essgeschirre nahezu Alltaguntauglich, weil sie weich, schwer und oft pflegeintensiv sind. Außerdem sind sie teuer, denn sie werden meistens einzeln von Hand hergestellt.

Wir haben vier verschiedene Keramik-Zentren gesehen. Jedes dieser vier und der anderen Keramik-Zentren in Japan produziert Waren mit der örtlichen Eigentümlichkeit (Bild 37). Ich hoffe, dass ich in Ihnen Interesse an japanischer Keramik erweckt habe. Und ich hoffe auch, dass Sie vielleicht Lust bekommen haben, einen Ofen in Japan zu besuchen. 

Bild 35: Gebrauchsgeschirre von Arita

Bild 36: Shigaraki-Waren

Bild 37: Tanuki = Symbol von Shigaraki

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