Das japanische Verständnis zur Natur unterscheidet sich vom europäischen. Das heißt: Japaner empfinden eine Seele bzw. eine Göttlichkeit in Bäumen, Felsblöcken, Wasserfällen, Bergen, Flüssen, Tieren usw.
Das ist der Animismus, der vom englischen Anthropologe, Tailer, als Ursprung der Religion bezeichnet wurde. In Europa wurde diese sozusagen primitive Religion durch Christentum vertrieben, weil das Christentum ein Monotheismus ist. In Japan blieb dagegen der Animismus erhalten, weil der im 6. Jahrhundert eingeführte Buddhismus nicht monotheistisch ist. Der Animismus ist also in der japanischen Kultur als Schintoismus immer noch vorhanden; das bedeutet: Japaner verehren die Natur und fühlen sich gleichzeitig, Teil der Natur zu sein.
Mit dieser Hintergrundinformation wollen wir nun ein paar Beispiele der japanischen Gärten betrachten.
Das obere rechte Bild ist ein Stein- und Teichgarten aus dem 16. Jahrhundert. Gärten dieses Typs betrachtet man aus außerhalb des Gartens, ohne hineinzuspazieren. Derartige Gärten sind zumeist bis ins Detail geplant. Wenn man den Blick über den Berghang und in die Bucht hinter der Brücke schweifen lässt, erscheint die Entfernung größer, als sie tatsächlich ist. Das Grundkonzept von japanischem Garten ist eine asymmetrische, dezentrale Anordnung von einzelnen Elementen. Anders als englischer Garten stellt der japanische Garten die Natur selbst nicht dar. Obwohl die Gestaltung der Landschaft gleich ist wie die Natur, erkennt man im japanischen Garten einen starken, künstlerischen Wille. Da ist also eine quasi rekonstruierte, idealisierte Natur dargestellt. Die Besucher vergnügen sich damit, dass ihr Herz zwischen der echten Natur und der Pseudonatur des Gartens schwebt.
Unten links ist ein Wandelgarten. Dieser Gartentyp entstand Anfang des 17. Jahrhunderts. Er ist zumeist sehr weitläufig und mit einem großen Teich in der Mitte. Beim Rundgang im Garten genießen die Besucher den Wandel der Landschaft; wie z. B. Hügel, Insel, Brücke, Felsen, Wasserfall, Pavillon usw. In der Zusammensetzung des Gartens ist der ferne Berg harmonisch einbezogen. Diese Technik des Gartenbaus wird „Shakkei“ genannt, also „Geborgte Landschaft“.
Unten Mitte ist ein Steingarten, der auch „Trockengarten“ bzw. „Trockenlandschaftsgarten“ genannt wird. Diese Art von Garten besteht lediglich aus Kies, Steinen und Felsblöcken. Mit Ausnahme von Moos werden im Allgemeinen keine Pflanzen verwendet. Auch wird auf Wasser verzichtet; Wasser wird durch auf der Kies-Fläche gezeichnete Muster angedeutet, und die Felsblöcke deuten Inseln an. Diese Sonderform vom japanischen Garten wurde im 15. und 16. Jahrhundert überwiegend in Zen-Tempeln angelegt und sich dort entwickelt.
Unten rechts ist auch ein Wandelgarten mit einem Schloss auf dem Berg als „Geborgte Landschaft“. Der Gebäudekomplex am Teich ist übrigens ein Ryokan (japanisches, traditionelles Gasthaus).